Sonntag, 28. Mai 2017

Stoffspielereien: Denim (Ein Jeanskleid mit Chenilletechnik)

Im Mai soll Denim im Zentrum der Stoffspielereien* stehen.

Und weil das hier ein etwas längerer Beitrag wird
kommen hier die Experimente meiner Mitstreiterinnen zuerst
(bitte mailt mir einen Link oder kommentiert kurz wenn ich euch verlinken soll):

  • Ines hat eine Tunika mit einer gepatchten Jeanspasse und dekorativen Manschetten versehen
  • Christa verwebt schmale Denimstreifen
  • Ute arbeitet mit den Embellisher und patcht die Denimstücke in Kurven.
  • Suschna bearbeitet malerische Miniaturen
  • Annelies bestickt kleine Stoffstücke mit Kettstich
  • Karen hat schon länger ein Etui mit Chenilletechnik genäht.
  • Lucy upcycelt einen Rock mit Boro-Stickerei
  • Ute als Jeansspezialistin hat ganz viele Techniken neu probiert und alte Einträge verlinkt- klickt euch mal durch!

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Jeans sind ja eigentlich überhaupt nicht meine Sache.
Ich habe in den 80ern meine Jeansphase (gern in Kombination mit Parka und Adidas Allround) abgeschlossen und erst im letzten Jahr wieder ein paar superelastisch-bequeme Stretchjeans gekauft.
Jeans fand ich schrecklich banal, bei Elternabenden habe ich mir jahrelang einen Spaß draus gemacht die Jeansquote zu ermitteln- sie lag meist bei über 90%.
Da entwickeln Designer Jahr für Jahr Kollektionen und was kommt auf der Straße an? Jeans.
Gerne irgendwo im nahen oder fernen Osten aufwändig-giftig auf alt getrimmt und bearbeitet.
Nein, das war nicht mein Ding.

Dabei ist Denim als Material echt spannend.
Ihr kennt das sicher: Beim klassischen Denim ist die Kette meist indigogefärbt, sie ist außen blau und hat einen weißeren Kern in der Mitte des Fadens. Die Farbe wäscht sich bei Reibung relativ leicht aus, das gibt den geschätzten Used-Look.
Der Schuss ist ungefärbt, guckt mal:


Diese Unterschiedlichkeit wollte ich gern bei meinen Experimenten in den Mittelpunkt stellen.
Ich habe auf meinen Untergrund (ein stretchig-dünner Jeans) verschiedene Denimstoffe ohne Elastan aufgenäht und wie bei der Chenilletechnik in Streifen geschnitten. Dabei sollten je nach Schneiderichtung nach dem Waschen entweder die Kett oder die Schussfäden den Fransensaum bilden.
Soweit die Theorie- da kam dabei heraus:


Praktisch hat mir das nicht mehr so gut gefallen- sobald man genau in Kett- oder Schussrichtung schneidet lösen sich hässliche lange Fäden. Man muss also tendenziell im schrägen Fadenlauf bleiben.

Für den Brustbereich und am Ausschnitt habe ich also die Chenilleschichten als Ganzes im schrägen Fadenlauf ausgeschnitten und mit 1 cm Abstand aufgesteppt. Mit dem Chenilleschneider habe ich dann zwischen den Schichten eingeschnitten ohne die Trägerschicht zu verletzen.
Auf dem Bild ist im Brustbereich schon geschnitten, im Halsbereich ist der Stoff noch komplett:


Der Wechsel der verschiedenen Fäden kommt nach dem Waschen und Trocknen gerade im Halsbereich ganz gut heraus, im Vergleich zu dem anders applizierten rückwärtigen Ausschnitt ist das viel lebendiger ohne dass es die hässlichen langen Ziehfäden gibt.


Für die lange Strecke im Rockteil und an hinteren Hals habe ich nämlich schmale Streifen im schrägen Fadenlauf geschnitten. Dazu habe ich mit temporärem Sprühkleber einen stabilen unbehandelten Denim auf einen weichen vorgewaschenen Jeans geklebt. Mit zwei fixierten Lagen tut man sich beim späteren Aufsteppen leichter.


Das Aufsteppen geht dann ganz schnell, man muss bloß an der sorgfältig ausgerichtenen ersten Linie anlegen. Ich habe zum Aufsteppen ein helles 30er Jeansgarn genommen, das lässt sich mit der Topstitchnadel gut verarbeiten.


Ich habe ein schlichtes Etuikleid genäht. Die Hals- und Armabschlüsse sind nur mit der Overlock versäubert und unter einem Chenillstreifen versteckt. Der Brustbereich ist mir jetzt fast etwas zu breit, ich mag aber den zum Rücken hin tiefer gesetzten Bogen sehr gern.


Durch den Elastananteil ist das Kleid bequem, ich werde bei Gelegenheit auch noch ein zweites nähen, dann möchte ich gern die Kreiselemente dieser Nähprobe verwenden:


Stoff: Jeanscoupons vom Stoffmarkt
Schnitt: Etuikleid auf Basis eines alten Burdaschnittes aus dem Jahr 2003. Ich habe vorab ein Probekleid genäht und auf die Schnittführung angepasst.

Am 25.6. geht es bei Lucy (Nahtzugabe) weiter, das Thema ist Schwarz und Weiß
Im Juli und August ist Sommerpause
Im September sammelt Siebensachen zum Thema "Von der Natur inspiriert"
Im Oktober geht es bei Ute mit "Fäden auf Farbe" weiter.


*Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.



Freitag, 12. Mai 2017

Elle- eine Tunika aus handbedrucktem Leinen

Es gibt Projekte, die kann man nicht planen, die laufen einem quasi zu.
So war es mit dieser Tunika....

Sabine Jeromin hat mich im Vorfeld der Nadelwelt gefragt, ob Stoffcoupons besser 2 m oder 2,5 m haben sollten. Nach kurzem Überlegen habe ich ihr zu der größeren Variante geraten und neugierig gefragt, was sie denn Neues hätte.
"Leinen" meinte sie knapp. "Ich glaube das ist toll für Kleidung."
"Soll ich dir ein Ausstellungsstück nähen?" habe ich sie dann gefragt.
Und zwei Tage später hatte ich den Stoff in den Händen.

Das Leinen hat etwas Stand, ist dichter gewebt und gleichmäßiger als die Qualitäten die ich vom Stoffmarkt kenne. Das war perfekt für eine Tunika- so etwas passt stilistisch auch gut an den Stand von Jeromin. Und da fiel mir der neue Schnitt von Elle Puls ein...
Ich habe Elke gefragt ob ich den Schnitt ein paar Tage vor der Veröffentlichung haben könnte, die Messe stand ja direkt vor der Tür und fiel genau mit dem Release des Schnittes zusammen. Elke war dann so nett und hat mir die Betaversion gemailt.

Die Tochter hat den Schnitt geklebt, ich habe zugeschnitten und dann das Layout grob mit Papier platziert.
Als Muster habe ich einen gestrichelten Kreis genommen, die Schablone habe ich letztes Jahr im Vorfeld des Jerominkurses entwickelt und Sabine zur Verfügung gestellt. Das lässt sich ganz einfach drucken, ist fehlerverzeihend und durch verschiedene Überlagerungen kommt das Motiv immer wieder anders heraus.

Platziert habe ich die Kreise so, dass die schöne verdeckte Knopfleiste frei bleibt und sich das meiste am Saum abspielt. Auch die meist hochgeschlagene Innenseite der Manschette ist gemustert, die Ärmel selbst sind unbedruckt.
Hier seht ihr die schönen Details die sich Elke für den Schnitt ausgedacht hat- ich mag vor allem die aufwändige Saumverarbeitung mit Formbeleg. Da lohnt sich die Arbeit und es macht richtig Freude wenn das nach der guten Anleitung so perfekt herauskommt.
Elke lässt gnadenlos viel heften, das ist sehr sympathisch. Ich habe sogar noch mehr von Hand genäht als sie vorgeschlagen hat und z.B. den Kragen von innen mit Hand verstürzt. Ich finde ja grundsätzlich, dass etwas Hingabe an ein Kleidungsstück belohnt wird.
Slow Sewing- das scheint auch Elke wichtig zu sein.
Als dann kurz vor der Nadelwelt noch die Sonne herauskam war mein Glück perfekt: Meine fotografisch begabte Nachbarin hatte Zeit und hat noch ein paar Bilder gemacht.
(Und Heike hat mich am Jerominstand mit dem Handy geknipst. ☺)
So fühlt sich diese Tunika nach einem echten Gemeinschaftsprojekt an:
Sabines Stoff, Elkes Schnitt, die Tochter hat geklebt, die Freundinnen fotografiert.
Und ich musste nur noch nähen :)
Vielen Dank an alle!

Schnitt: Tunika Elle von Elle Puls, Normalgröße um 6 cm gekürzt.
Stoff: reines Leinen von Jeromin (10 Euro/m)
Siebdruckschablone in zwei verschiedenen Größen: hier

Die Tasche ist eine Carpetbag in Bürotaschengröße aus altem handgewebten Leinen, mit der großen Schablone bedruckt und wachsimprägniert.