Sonntag, 30. Juni 2013

Stoffspielereien: Muster in Shirts bleichen und Low-Budget Siebdruck



Kennt ihr noch den Spirographen?
Damit konnte ich mich als Kind ewig beschäftigen. Es war immer spannend, wie sich die verschiedenen Radien der Außen- und Innenteile zu neuen Mustern zusammenfanden.
Der Spirograph war eins der ersten Malwerkzeuge, die ich nicht ganz uneigennützig meinen Kindern geschenkt habe. Und solche Muster wollte ich schon ewig mal auf Shirts bannen.

Nach dieser Anleitung habe ich Bleiche in einen Stärkepudding gerührt und dieses Gel mit einer geleerten Window-Colors-Flasche auf den Stoff gebracht.


Das Verhalten der Farben unter der Paste habe ich zuerst versteckt am Saum und auf verschiedenen Stoffen probiert.



Wir haben zwei schlichte Shirts behandelt, eins für die Tochter und eins für mich.
Wenn heute beim Nähen alles glatt läuft werde ich hier morgen einen Wickelrock ergänzen, der ist nicht ganz fertig geworden. Hier seht ihr den Stoff kurz nach Gelauftrag und dann nach der Wäsche in der Waschmaschine:


Die Bleiche reagiert nach ein paar Stunden nicht mehr so intensiv, am nächsten Tag war sie nur noch ganz schwach aktiv. Wer das also nachmachen möchte sollte das Gel innerhalb weniger Stunden aufbrauchen.

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Quasi als Abfallprodukt ist eine andere Spielerei entstanden, eine Art improvisierter Siebdruck.
Auf der Suche nach einer geeigneten Flasche für meine Bleichpaste bin ich auf unsere uralten Window-Colors-Flaschen gestoßen. Zuerst wollte ich den Inhalt entsorgen, habe dann aber eine andere Verwendung gefunden.

Wir haben einen alten IKEA-Bilderrahmen mit einem Rest Organza bezogen. Mit textilem Klebeband hat sich der Stoff schön straff auf dem Holz befestigen lassen. So hat man auf die Schnelle einen Siebdruckrahmen.

Dann haben wir die nicht zu druckenden Stellen mit Windowcolor abgedeckt.
Achtung: Damit sich das später von der darunterliegenden Papiervorlage ablöst muss eine Folie dazwischen!


Das so entstandene Low-Budget-Sieb ist natürlich nichts für filigrane Arbeiten, aber für das Bandlogo des Sohnes ist das allemal ausreichend:


Mit einem zweiten Rahmen habe ich Dreiecke gedruckt- und mich dabei erinnert, warum ich eigentlich keinen Siebdruck mag. Immer diese Sauerei mit der Farbe an Stellen wo sie nicht hinsoll. Schuhsohlen, Ellenbogen und am schlimmsten: Irgendwo au dem frisch gedruckten Stoff. Das habe ich schon während des Studiums gehasst.
Beim Nähen kann man verhunzte Stellen trennen, aber Farbe? Siebdruckfarbe lässt sich nicht mal wegbleichen......


Dieser grob gewebte Leinenstoff wird in den nächsten Wochen zu einem Geburtstagsgeschenk verarbeitet.

Irgendwann im Sommer gebe ich dem Siebdruck aber doch noch eine zweite Chance. Dann lasse ich mir bei Jeromin filigrane Spirographenmuster auf eine unkomplizierte flache Schablone ätzen. Auf der Nadelwelt haben die Leute das so eindrucksvoll demonstriert, das wäre vielleicht auch etwas für eine Druck-Grobmotorikerin wie mich.

Und jetzt freu ich mich auf die Spielereien der anderen und das Fertignähen- und Sticken meines Wickelrockes.
  • Bei Frifis findet ihr Experimente mit photosensibler Farbe, das hat enorm Potential!
  • Lucy hat Tischsets mit Kartoffeldruck gestaltet- einfach und klar.
  • Bei Siebensachen  finden sich wunderschöne Ecoprint-Schals und ein kräftiger Schubs, das auch mal zu probieren.
  • Monika hat mit Rote-Bete-Saft ein Ombre gefärbt. 
  • Bei 1-2-3 Nadelei kann man gut sehen, dass sogar olle Spitzendeckchen als Druckstock geeignet sind.
  • Und auch Karen probiert eine Sonnendrucktechnik aus.
Ich habe diesmal den Eindruck, dass die Teilnehmerinnen einen guten Schritt raus aus der Comfort-Zone gegangen sind. Und das finde ich richtig gut so.
Die Stoffspielereien können ein wertvoller Anstoß sein etwas zu verwirklichen, was man schon immer mal probieren wollte. Und das mit so einem Termin dann auch angeht. Danke dass ihr das mitgemacht habt!

(Wenn ihr auch dabei sein wollt, meldet euch bitte per Mail oder in einem Kommentar, dann kann ich euch verlinken.)

Mittwoch, 26. Juni 2013

MMM: Ein Wickelkleid aus dem Jahr 1969



Los geht´s mit den alten Nähzeitungen.......
Für den Anfang habe ich mir ein Burda-Patent-Modell aus dem Jahr 1969 ausgesucht, ein BPM ist im Gegensatz zu allen anderen Modellen in 4 Größen im Heft. Das ist ganz gut, um die Gradiersprünge von damals zu begreifen.
Zudem liefert Burda eine kleine Fotostrecke mit Tipps zur Verarbeitung.
Dabei liest man dann so nette Sätze wie:
"Ärmeleinsetzen fällt ihnen nicht schwer, das Abfüttern und den Gürtel schaffen sie ohne Anleitung."
Sehr skurril.


Für mein Probeteil habe ich einen ungeliebten Viscosestoff aus den späten 90ern genommen, mit dem Modell zusammen gibt das einen passablen Kittelschürzenverschnitt.
Aber egal- ich habe für alle weiteren Versuche die Änderungen auf den Schnitt übertragen und ahne nun, wie ich mit den Vintage-Schätzchen umzugehen habe.
(Brustpunkt um 2,5 cm versetzen, Armkugel anpassen und Schulterbreite verringern. Super ist der Abnäher an der hinteren Schulternaht! )


Und damit es hier nicht langweilig wird habe ich gestern etwas Nachschub geholt. Auf meine Kleinanzeige hin hat sich eine nette Frau gemeldet, die auf dem Dachboden einer verstorbenen Schneiderin Unmengen an Nähzeitungen gefunden hat.
"Nehmen sie die doch mit, der Rest kommt dann ins Altpapier."
Tja, da gehören die 80er auch hin.
Den Rest habe ich mal in Sicherheit gebracht. Sie muffeln zwar nach Dachboden und sind etwas vergilbt- aber man kann sich beim Blättern bestens amüsieren.


Mir ist übrigens erst beim Bearbeiten der Fotos aufgefallen, wie merkwürdig sich das Bindeband den Weg zur schmalsten Stelle in der Körpermitte sucht. Heute Morgen habe ich ein Band kurzerhand abgeschnitten und binde das Kleid jetzt nur an der Seite. So wie auf dem untersten Foto von eben gefällt mir das viel besser.
Geht es euch manchmal auch so, dass ihr irgendwelche Mängel erst auf den gnadenlosen Fotos für den MMM seht?

Zudem wäre ich ohne die Vintageladies des MMM wohl nicht auf die Idee gekommen, wieder nach alten Zeitschriften zu suchen. Der Mittwochspool ist eine echte Bereicherung!
Guckt doch mal rüber ins Blog, da ist heute Meike Gastgeberin.

Donnerstag, 20. Juni 2013

Eine Auflage für die Liege zu nähen .....


Eine Auflage für die Liege zu nähen zählt alle zwei bis drei Jahre zu den Arbeiten, die ich ewig vor mir herschiebe. Die mich dabei aber völlig blockiert, denn das schlechte Gewissen lässt mich dann auch nicht an nettere Näharbeiten denken.

Also habe ich diesmal versucht, der stupiden und unkreativen Arbeit des Neubeziehens des verschlissenen Polsters einen Zuckerguss in Form eines angehängten Kissens zu verschaffen. Als Motivationsschub.


Ich habe Eau de Javel in eine alte Sprühflasche gefüllt und selbstgefärbten derben Baumwollstoff damit behandelt. Je nachdem, wie man aufsprüht (von oben oder sehr diagonal, im Verlauf oder Allover ) sind die Ergebnisse ganz unterschiedlich. 
10 Minuten nach der Behandlung ist die Farbe weggebleicht- je nach Grad der Durchfeuchtung ist das Ergebnis dann weiß oder eher schmutziggelb. Ich habe den Stoff noch etwa eine Stunde der Sonne ausgesetzt und  dann gut ausgespült.
Wirklich kontrollieren lässt sich das Ergebnis nicht, aber spannend ist es allemal.


Die zwei besten Versuche habe ich für die Vorder-und Rückseite des Kissens genommen. Da der Reißverschluss an der unteren Kante sitzt kann ich das Kissen auch wenden.


Die Auflage wurde bereits von Zwei- und Vierbeinern in Beschlag genommen.


Diese Entfärberei ist ausbaufähig, man kann z.B. Bereiche vor dem Besprühen abkleben (dabei die Kanten besser andrücken als ich hier gemacht habe), man kann die Bleiche aber auch mit Kartoffelstempeln auf feineren Untergrund drucken.


Am 30. Juni ist wieder ein Termin für die Stoffspielereien, diesmal werde ich die einzelnen Beiträge verlinken.
Wäre das nicht mal eine gute Gelegenheit das schon-ewig-gekaufte Freezerpapier herauszuholen, mit den Kids Kartoffeldruck zu machen oder zu batiken?
Denn das Thema diesmal ist: Druck und Farbe.
Wie wär´s?

Mittwoch, 12. Juni 2013

Burda 1966-1969


Es ist ja keine Überraschung mehr, dass ich ein großer Burda-Fan bin. Mit der Carina habe ich das Nähen gelernt, bei Burdaschnitten weiß ich aus jahrelanger Erfahrung, was ich abändern muss, damit die Sachen passen.
Letzte Woche habe ich dann nach einer Kleinanzeige im hiesigen Wochenblatt ein paar ältere Exemplare bei verschiedenen sehr netten Damen abholen können. Mit dem festen Vorsatz, mal richtige 60´s-Schnitte zu verarbeiten.
Zuerst bin ich über die Sprache gestolpert: Schneidern statt nähen, Mannequin statt Model. Nett :)

Weniger nett waren die Maße- mit einer 70er-Taille würde ich heute eine 38 nähen, 1966 wäre ich zu Größe 42 verdonnert gewesen. Die Hüft- und Brustmaße sind gar nicht so unterschiedlich, aber die Kurvigkeit war früher sehr stark ausgeprägt.
Ob die Frauen früher andere Maße hatten kann ich nicht beurteilen, aber sie haben sich diese Maße gemacht. In fast jeder Burda gibt es ganz selbstverständlich Strecken und Werbung mit figurformender Unterwäsche. Das "Untendrunter" mit Miederbodys, Unterkleidern und schrecklich spitzen BHs war sehr wichtig für die propagierte Silhouette.

Das Kleid ist prima, aber der Brustpunkt sitzt wahrscheinlich 4 cm höher als bei einem vergleichbaren heutigen Modell. Klar kann man das anpassen, aber dann muss auch die gesamte obere Linie geändert werden. Schade, denn das Kleid ist sehr sehr schön.
Hier nochmal ganz deutlich:

Die Burdaschnitte in den alten Zeitungen sind keine Mehrgrößenschnitte, jedes Modell war in der Regel in einer Größe auf dem Schnittbogen. Die Tochter hat herausgesucht, wo die Größenschwerpunkte lagen:


Die meisten Schnitte gab es zum Glück in 42 oder 44, das ist auch die Größe, nach der ich für meine Projekte geguckt habe.


Ich will diese beiden Kleider. Und die Schuhe. 
Überhaupt entsprechen die Schuhe der späten 60er meinem Ideal. Kräftige Farben, nicht allzu spitze Kuppen und Riemchen in allen Varianten:

Und für Monika, die Strickkönigin- es gab auch Handarbeitsstrecken:


Ah ja: Es gab in den Zeitungen fast keine Hosen.
Aber eine Menge Haushaltstipps waren in der Burda:
Die ambitionierte Hausfrau kocht Aal in Biersoße ( "vom Fischhändler bereits getötet, abgezogen und ausgenommen") und wäscht sich einmal wöchetlich die Haare (" Häufigeres Waschen jedoch schadet") und verwendet statt dessen Trockenshampoo.
Oder trägt überhaupt eine Perücke oder zumindest ein Haarteil.
(Ich kann mich auch noch an einen Styroporkopf mit einer Perücke auf der Frisierkomode meiner Mutter erinnern- das war damals echt gängig! )


Ja, das Frauenbild der 50er und 60er. Da wird mir jetzt noch ganz schlecht.
Wer mal zwei Kostproben der stockspießbürgerlichen Moral haben möchte kann jetzt zum Abschluss die beiden Texte durch Draufklicken vergrößern.

Mein Lieblingssatz: " Reißen sie sich zusammen."







Donnerstag, 6. Juni 2013

Shirt mit Wasserfall-Ausschnitt und alte Schätze


Manche Stoffe sind so modisch, dass man sie ganz frisch vernähen muss.
So ging es mir mit dem abgepassten Fotodruck aus Evas Laden, solche Motive sind ja gerade ganz neu in den Stoffregalen und sehr dankbar zu verarbeiten.
Angeschnittene Ärmel, ein Wasserfallausschnitt , säumen und fertig :)
Den Rest macht der Stoff.


Für das Shirt habe ich den Ausschnitt vom Dodokleid  genommen, die Schultern überschnitten und die seitliche Raffung weggelassen. Es fällt beim Tragen manchmal etwas von der Schulter, aber das ist schon OK so. In den 80ern hatte ich ganz viele von dieser Sorte.....


Apropos 80er:
Guckt euch mal diese Blüten an. Der Stoff war mal topmodisch und ich habe damals (1985?) nur die lila Version mit etwas kleineren Blüten zu einem sehr kurzen Kleid vernäht.
Er stammt (wie damals fast alle meiner Stoffe) aus dem Fabrikverkauf von Givenchy-en-plus in Rehau. Der Rips hat eine herrliche Qualität und wäre immer noch das perfekte Etuikleid für ein Sommerfest.
Knallroter Lippenstift dazu und rote Schuhe.
Der Rest wäre ziemlich egal- das registriert dann niemand mehr.
Hach, vielleicht sollte ich doch mal reinschneiden.


Diese Wollstoffe sind Jahrgang 1988. Eigentlich wollte ich für mein Praktikum in einem französischem Atelier ein richtig chices Kostüm nähen- so eine Kreuzung aus Claude Montana und Chanel. Aber in Lyon waren alle derart casual, da habe ich die Stoffe wieder unvernäht mit nach Deutschland genommen.
Jetzt, nach 25 Jahren sind die Farben wieder topaktuell, die Mottenlöcher halten sich in Grenzen- das wird vielleicht ein Kostüm für den Herbst.
(Wobei ich da ganz arg aufpassen muss dass das nicht madamig wird.)

Habt ihr auch noch ein paar unvernähte Schätze?
Und seit Jahr(-zehnten...) passende Pläne?
:)